Geschichtliches über Tieschen
Weithin sichtbar ist der Hausberg von Tieschen, der 462 m hohe Königsberg. Er stellt die höchste Erhebung im Bezirk Radkersburg dar. Er wurde bereits im 4. vorchristlichen Jahrtausend, in der Lasinja-Kultur, einer kulturgeschichtlich bedeutsamen Periode der Jungsteinzeit, besiedelt und befestigt.
Das älteste mitteleuropäische Bauernvolk, die Brandkeramiker, verstanden es, Gefäße aus Ton zu formen und zu brennen, sie verwendeten auch schon geschliffene und durchbohrte Steinbeile. Der Stein als Hauptwerkstoff wurde nach der großen Übergangsperiode, zu der man die Kupferzeit rechnet, endgültig durch Bronze verdrängt. Aus der Bronzezeit, die um 2200 v. Chr. anzusetzen ist, wurden am Königsberg nur einige wenige Keramikfragmente gefunden.
In der Urnenfeldzeit, einer Hochkultur, die sich seit dem Übergang vom 13. zum 12. vorchristlichen Jahrhundert verbreitete, waren große, planmäßig angelegte Höhensiedlungen typisch. Die bisher größte bekannte Siedlung in der Steiermark aus der späten Urnenfelderzeit (9./8. Jhdt.v.Chr.) befindet sich am Königsberg. Das Plateau des erloschenen Vulkans eignete sich hervorragend für eine Wallanlage. Die Zufahrt bildete ein Einschnitt in dem 8 m hohen Wall, dem ein tiefer Graben mit einem zweiten Wall vorgelagert ist. Noch heute wird das sogenannte "Stadttörl" für Holz- und Streufuhren benutzt. Die steileren Stellen waren durch Palisaden (oben zugespitzte Holzpfähle) gesichert. Das Plateau umfasst rund 10 ha. Die Siedlung hatte mit Sicherheit eine zentralörtliche Funktion und war Sitz einer politischen Organisation, des spezialisierten Handwerks und des Handels.
Aus der älteren Eisenzeit (Hallstattzeit, 750-450 v.Chr.) stammen Keramikfragmente, welche die Endphase dieser Siedlung zu markieren scheinen. Gründe für das Abbrechen des Siedlungsplatzes sind nicht ersichtlich. Die Anlage ist abgebrannt, wie der verbrannte Lehm der Flechtwerkbauten beweist.
In die Übergangszeit zwischen Hallstatt- und Latne-Kultur (jüngere Eisenzeit, 450-15 v.Chr.) gehört eine Fibel, die am Königsberg gefunden wurde. Im Bereich Tieschen sind ferner eine ganze Reihe spätlatezeitlicher Funde aus dem 1. Jhdt.v.Chr. bekannt geworden, so eine verschollene keltische Goldmünze, eine ebenfalls verschollene Silbermünze, Keramik, ein eisernes Ringgriffmesser, ein eisernes Tüllbeil und zwei eiserne Pflugscharen. Um den Königsberg kreisen noch heute einige Sagen. Eine erhält davon, dass sich auf einem Gipfel, getrennt vom Ringwald durch Graben und Mauern, ein Heiligtum befand. Dieses verschwand eines Nachts auf geheimnisvolle Weise und wurde dort gefunden, wo heute Bad Radkersburg steht. Da stellte man den Bau der Stadt auf dem Königsberg ein und verlegte ihn an die Mur.
Nach einer anderen Sage wollte der Teufel die Stadt am Königsberg erbauen. Zu diesem Zweck fuhr er auf einem riesigen Leiterwagen mächtige Felsblöcke vom Stradnerkogel herbei. Knapp vor dem Ziel kippte jedoch der Wagen um, und die Steine kollerten den Hang hinab, worauf er den Bau einstellte. Die auf der Nordseite liegenden Felstrümmer bezeichnet der Volksmund daher als "Teufelssteine". Gleich wie auf dem Stradnerkogel soll sich auf dem Königsberg in einer tiefen Spalte eine goldene Stange befinden. Wer sie findet, darf sie nicht aus dem Boden ziehen, da sonst das ganze Tal überschwemmt werden würde.
Mit dem Namen "Königsberg" bezeichnete man im Mittelalter Höhen von besonderer Bedeutung. Im Zehentbuch des Bistums Seckau aus dem Jahre 1406 hieß es Chunigesperg. Im Volksmund hieß der König "Kini". Daraus entstand die Bezeichnung "Kindsberg", die erst vor Jahrzehnten wieder in das amtliche Königsberg geändert wurde.
Der keltische Stammesbund, der seit dem 2. Jhdt.v.Chr. als Königreich Noricum bekannt ist, war mit Rom durch zahlreiche Handelsinteressen verbunden. In augustinischer Zeit führte die Ausdehnung des Machtbereiches von Rom zur friedlichen Okkupation des Königreiches, das unter Claudius zur römischen Provinz erklärt wurde. Den wichtigsten Beleg für eine dichte Besiedlung des Gebietes in provinzialrömischer Zeit bilden die zahlreichen Grabhügel. Im Größinger Tanner (=Föhrenwald) sind rund 50 Tumuli als Rest eines ausgedehnten Gräberfeldes erhalten. Auf dem Kästenriegel in Tieschen wurde eine Römermünze mit dem Bildnis des Kaiser Nero (54 bis 68 n.Chr.) gefunden. Ein Wasserspeicher aus Messing, im Garten Tieschen Nr. 17 (Eberhart) entdeckt, dürfte römischen Ursprungs sein. Die 375 einsetzende germanische Völkerwanderung setzte dem römischen Weltreich ein Ende.
In dem von den germanischen Heerscharen verwüsteten Gebiet siedelten sich um 600 die Slawen an. Viele Orts-, Flur- und Gewässernamen blieben aus dieser Zeit erhalten. Der Ortsname Tieschen stammt vom slawischen tiho = still; tihina wird zu mundartlich tisina = stiller, ruhiger Ort. Laasen kommt z.B. von lasiti = roden. Größing hieß 1265 urkundlich Graeczensdorf = befestigtes Dorf; grad = Burg, gradec = kleine Burg.Die "Gradschen" in Jörgen und Laasen sowie "Krahschützen" in Frutten waren einst Verschanzungen als Zuflucht vor Feinden. Auch der Name Patzen ist slawischer Herkunft (vom Ortsnamen "Pacinje"). Nach mündlichen Überlieferungen stand Pichla früher in Jamswärts (jama = Grube), Patzen in Patzenberg; hier zeigen die waldigen Höhen noch Ackerfurchen.
Auf deutsche Rodungsarbeiten verweisen die Bezeichnungen Greit, Greitmichl und Greitlois in Laasen, Greitschmied in Pichla, Greitfranzl in Größing, Greitern und Werschgreitern in Tieschen und auch in Aun (Aunberg) in Pichla und Gstauda in Patzen. Urkundlich tauchen die ersten Orte auf: 1265 Größing und 1395 Jörgen (als Goergendorf im Urbar des Klosters Rein).
1180 erhob Kaiser Friedrich Barbarossa die Steiermark zum Herzogtum. 1192 kam die Steiermark nach dem Aussterben der Traungauer (ihre Burg in Steyr gab die Steiermark den Namen) laut Erbvertrag an die Babenberger, die Herzöge von Österreich waren. Tieschen scheint urkundlich erstmals im Jahre 1406 im Zehentbuch des Bistums Seckau auf. Damals zählte es 17 Huben. 1445 existieren nur 10 Feuerstätten (= Häuser). Seit Ende des 15. Jhdts. bis zur Bauernbefreiung 1848 war das Pfarrgült Fehring Grundherr in "Türschen". Nur einige Weingärten unterstanden der Herrschaft Halbenrain. Hinsichtlich der Gerichtsbarkeit gehörte der Ort bis 1461 zum Landgericht Straden, von da an zum Gericht in Klöch.
Das Hochmittelalter und die Neuzeit bis ins 18. Jhdt. waren von Kriegen geprägt: 1254/59 und 1418 Ungarneinfälle; 1441 wurde den Raubrittern Wolfsauer auf Klöch und Kapfenstein das Handwerk gelegt; 1479/90 wiederum Ungarneinfälle; 1515 und 1573 Bauernkriege; 1529/84 Türkenbelagerungen. Dem Grenzschutz dienten neben Burgen und Städten auch die Schützenhöfe. die Hausnamen "Gschütz" in Größing erinnern an die Grenzwächter. Als im Zuge der Gegenreformation die Habsburger auch die Ungarn zum katholischen Glauben bekehren wollten, erhoben sich diese und riefen die Türken zu Hilfe.
1605 überschritten die Hajduken (ungarische Aufständische) die Grenze.
1655 standen die Türken erneut vor Radkersburg.
Von 1704/11 bedrohten die Kuruzzen das Land. Der Name stammt von krux, kruz = Kreuz und bedeutet Kreuzträger. Das Steintal wurde am 31.3. und 10.8.1706 großteils ausgeplündert und niedergebrannt. In Tieschen blieb ein einziges Haus, ein im Jahre 1564 erbautes Weingartenstöckl am Westhang des Königsberges, verschont. Vielleicht wurde es wegen er hohen Edelkastanien unter denen es stand, nicht bemerkt.
Der Sage nach sollen hier 12 Familien in dieser schrecklichen Zeit Unterschlupf gefunden haben. Heute steht das Haus im Freilichtmuseum Stübing. Der Bau ist aus mächtigen Eichenblochen gezimmert, mit einem Rafendach (Rafen = Holzstangen), Scherendachstuhl und gekreuzten Holzbalken, auf denen der Firstsparren liegt, ausgestattet. Das Stöckl besteht aus einer Stube mit offenem Herd, Weinpresse und zwei ebenerdigen Kellerräumen.
Nähere Infos zur Geschichte Tieschen können Sie in der Ortschronik Tieschen nachlesen.
Das Gemeindewappen
Im Jahre 1962 verlieh die Steiermärkische Landesregierung der Gemeinde Tieschen ein Wappen. Es zeigt im oberen Feld einen Feuerbock, im unteren eine Weintraube. Damit sind Vergangenheit und Gegenwart verbunden. Der Feuerbock, in Niederösterreich auch Mondiol genannt, hat die Form der eisernen Feuerböcke, wie sie seinerzeit auf dem offenen Herd zur leichteren Unterhaltung des Feuers verwendet wurden. Der vorgeschichtliche Feuerbock war ein Kultsymbol zum Schutze des Feuers, des Hauses und der Familie. Er war aus Lehm gebrannt und reich verziert.
Der Leib ruht auf vier Beien. die hinteren sind nach rückwärts gerichtet. Die beiden Hälse trugen in der Regel einen Widderkopf, der Schafbock genoss göttliche Ehren. Es war neben dem Hund das älteste Haustier.
Der Weinbau spielt in Tieschen eine bedeutende Rolle, auf den vulkanischen Böden des Königsberges gedeiht ein edler Tropfen.
Die Hügelgräber
Tieschen und die Hügelgräber
Am Hügelgräberfeld Größinger Tanner bei Tieschen wurde ein römisches Grab freigelegt.
Schon in den letzten 70 Jahren war das guterhaltene römische Hügelgräberfeld Größinger Tanner, das zu einer ausgedehnten römischen Siedlung gehört, Ziel ambitionierter Heimatforscher und Archäologen. Nun wurden auf Initiative der Gemeinde an einem der größten der rund 40 Hügel Untersuchungen vom Bundesdenkmalamt durchgeführt. Bei der Freilegung eines durch Altgrabungen bekannten steinernen Grabeinbaus stießen Dr. Georg Tiefengraber, Mag. Susanne Lehner und Hobbyarchäologe Otto Eder auf fünf römische Gräber. Die darin gefundenen Reste verbrannter Menschenknochen und zerscherbte Beigabengefäße lassen auf eine Bestattung im Laufe 2. Jahrhunderts n. Chr. schließen. In einer Aufschüttung des Hügelgrabes fand man überraschend auch Bruchstücke keltischer Keramiken und eine Steinaxt, die von einer Besiedlung in der Bronzezeit zeugen. Der Grabeinbau soll konserviert und in den bestehenden Wanderweg durch das Gräberfeld integriert werden. Die Gefäße werden nach ihrer Restaurierung in der Gemeinde ausgestellt.